Zusammenarbeit mit dem Jugendamt

oder "Der Weg durch die Papiermühlen"

Schon immer erhielt uns eine funktionierende Bürokratie eine Reihe guterhaltener Zeitzeugnisse. So lässt sich auch Jahre später auf dem sehr geduldigem Papier nachvollziehen, was den Augen Betroffener über Jahre vorenthalten blieb. Einmal in den Fänger der Behörden ist es vorbei mit Individualität und Privatsphäre. Beginnend mit Erkundigungen im schulischen Umfeld und einem seitenlangen Bericht des Jugendhilfeausschusses (nachfolgend) wurde alles festgehalten und dokumentiert: Schwächen, Unkenntnisse, Verhaltensfehler oder körperlichen "Gebrechen".

Es folgen Auszüge aus einem sehr persönlichen Leben, die in der Art und Weise bei jedem Heimkind so oder so ähnlich angefertigt wurden.
Zu Beginn eines jeden neuen Schuljahres wurde eine sogenannte Konkretisierung aufgestellt, in der Erziehungs- und Bildungsziele für das kommende Jahr aufgeschrieben und mit den Kindern und Jugendlichen besprochen wurden. Vielleicht sollte an dieser Stelle erwähnt werden, das "Besprechen" gleichzusetzen war mit "Ich sage dir was, und du machst das so" und beruhte nicht auf einem gemeinsam ausgearbeiteten Erziehungskonzept, wie sich wohl der eine oder andere Erzieher noch jetzt in die Tasche lügen möchte.


1984 geschrieben von Erzieherin Andrea P.

Basierend auf der Konkretisierung erfolgte am Ende des Schuljahres der "Erziehungsbericht". Jedem Erzieher in einer Gruppe wurde eine Anzahl Kinder zugeteilt, für die er ganzjährig Beobachtungsergebnisse festzuhalten und Berichte zu schreiben hatte. Mit Absegnung der Heimleitung erfolgte Berichterstattung an das zuständige Jugendamt.

 
1985 geschrieben von Erzieher Falk M.

 
1986 geschrieben von Erzieherin und stellv. Heimleiterin Angelika H.

Über Objektivität eines Berichtes lassen sich lediglich Vermutungen anstellen. Wie sonst erklärt sich nach nur 1 Jahr ein ganz anderes Bild? (farblich unterlegter Text gibt dafür ein sehr gutes Beispiel)


1987 geschrieben von Erzieherin und stellv. Heimleiterin Angelika H.

Wie sich noch heraus stellen sollte, gab es einen verwandtschaftlichen Grad zwischen den Adoptiveltern meiner Schwester und der stellvertretenden Heimleiterin Frau Angelika H. Die gemeinsame Zeit mit meiner Schwester war in genau diesem Jahr, danach wurde sie adoptiert. Kein Wunder also, wenn entsprechende Berichte ans Jugendamt aus persönlichen Gründen negativ verfälscht wurden.